Comp@ss in Abgrenzung zu anderen zertifizierten Bildungsstandards
Comp@ss in Abgrenzung zu anderen zertifizierten Bildungsstandards
"Die Arbeitsgemeinschaft comp@ss betont immer wieder, dass sich der Computerführerschein comp@ss von seinen pädagogischen Intentionen her im Vergleich zu anderen existierenden standardisierten Modellen und einheitlichen Curricula abhebt (vgl. LISCHKE & MANNCHEN 2003, S. 62). Auch 2001, als comp@ss als Modell entwickelt wurde, existierten bereits mehrere „Führerschein“-Modelle. Die bekanntesten sind der ECDL (European Computer Driving Licence), auch "Europäischer Computerführerschein" genannt und der Xpert – Europäischer Computer Pass. Der ECDL wird von 30 europäischen Gesellschaften für Informatik herausgegeben und der Xpert ist ein Zertifikat der Volkshochschulen. Beide Modelle sind modular aufgebaut und basieren auf europaweit einheitlichen Ausbildungs- und Prüfungsverfahren. Mehrere Bundesländer wie Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz unterstützen den Erwerb des ECDL durch Schüler (Siehe http://www.ecdl.de/).
Ein Urteil, welches Konzept für Teilnehmer das pädagogisch geeignetere oder für den Einzelnen nutzbringendere ist, kann und soll an dieser Stelle nicht getroffen werden. Vielmehr geht es um eine Abgrenzung der Konzepte. Bereits auf den ersten Blick zeigen sich wesentliche Unterschiede zwischen ECDL, Xpert und comp@ss. Dies lässt sich vor allem an den anvisierten Zielgruppen und den pädagogischen Ansätzen festmachen. Die Xpert-Lehrgänge wenden sich vorwiegend an Teilnehmer aus dem „privaten und öffentlichen Dienstleistungs- und Verwaltungsbereich, aus dem kaufmännischen Bereich von Handels- und Industriebetrieben sowie an Selbständige mit klein- und mittelständischen Betrieben“ (Siehe http://www.xpert-online.info/). Entsprechend sind Aufbau, Inhalte, Themen und Prüfungen auf Erwachsene abgestimmt und vorwiegend auf technische Inhalte beschränkt. In der Vermittlung steht fast ausschließlich die reine Bedienkompetenz im Vordergrund. Die Inhalte von comp@ss hingegen entstammen eher der Hobby- und Freizeitwelt, als der Arbeitswelt. Auch das Curriculum des ECDL („Syllabus“ genannt) beinhaltet schwerpunktmäßig technische Inhalte. Allerdings werden – ähnlich wie bei comp@ss – auch Themen wie Gesundheits-, Sicherheits-, Umweltschutzaspekte und rechtliche Fragen beim Computereinsatz behandelt. Insgesamt werden bei comp@ss im Vergleich etwas weniger Kenntnisse in Bürosoftware und dafür mehr Kenntnisse in Kreativsoftware und Systemadministration vermittelt. Ein erweiterter Lernbegriff, wie er bei comp@ss zugrunde gelegt wird (vgl. vorheriges Kapitel), der inhaltlich-fachliches Lernen, methodisch-strategisches Lernen, sozial-kommunikatives Lernen und affektives Lernen miteinander verbindet, ist beim ECDL jedoch nicht zu erkennen. Die Prüfungen zum ECDL werden internetgestützt direkt am Computer abgenommen. Die Kriterien für das Bestehen sind klar geregelt. So besteht eine Modulprüfung aus 36 Fragen, die in maximal 35 Minuten mit einer Quote von mindestens 75% richtigen Antworten bearbeitet werden muss. Auch dies unterscheidet sich von der Herangehensweise die bei comp@ss verfolgt wird. Prüfungen sind für comp@ss-Module nicht vorgeschrieben, sondern werden zumeist
durch die Erstellung eines Produktes ersetzt. Zeitliche Vorgaben existieren bei comp@ss ebenso wenig. Dies ist den Ansätzen der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit geschuldet, deren Ziel es ist auch benachteiligten Kindern und
Jugendlichen unabhängig von der Zeit zu positiven Lernergebnissen und Erfolgserlebnissen zu verhelfen, ohne dabei Selektion zu betreiben.
Der Computerführerschein comp@ss stellt in diesem Sinne keine Konkurrenz dar, da er einen völlig anderen Ansatz verfolgt und nicht vorrangig auf eine informationstechnische Berufsqualifizierung abzielt. Für eben diesen Zweck sind Zertifikate wie der ECDL und der Xpert durch ihre Verbreitung und Anerkennung sicherlich gut geeignet. Allein durch ihren hohen Bekanntheitsgrad und ihre Trägerorganisationen dürften sie z.B. in der Wirtschaft über große Anerkennung verfügen. In der Regel ist jedoch der Bildungsanspruch der Jugendhilfe ein anderer. Selbstorganisierte Prozesse, in denen die Interessen und Bedürfnisse, aber auch die spezifischen Voraussetzungen und Fähigkeiten einzelner Kinder und Jugendliche berücksichtig werden, sind ein Anliegen der Kinder- und Jugendbildung (vgl. BERGMANN 2002, S. 8). Methodenvielfalt und Situationsansatz, Chancengleichheit, kritische Medienerziehung und Lebensweltorientierung sind ihre elementaren Bestandteile. Eben diesen Anspruch haben ECDL und Xpert nicht. Wird dieser Anspruch aber verfolgt, scheint comp@ss von seinen Ansätzen her eher auf die Bedürfnisse der Kinder- und Jugendbildung zugeschnitten (sofern diese über eine reine Qualifizierung hinausgehen will).
Gleichzeitig verlangt dieser Ansatz von den Trainern weiterreichende Kompetenzen, die für die Vermittlung aller über Technik hinausgehenden Inhalte benötigt werden und dem erweiterten Lernbegriff gerecht werden."
(aus Diplomarbeit zur Entwicklung eines Schulungskonzepts für Trainerinnen und Trainer des Berliner Kinder und Jugend-Computerführerscheins comp@ss von Florian Mannchen)